Foto: „DETACHEMENT“ © Aicha Sacha
Aicha Sacha ist eine beninisch-deutsche Künstlerin und lebt in Marseille. Im Folgenden erzählt sie uns, warum sie Künstlerin geworden ist, wodurch sich ihre Kunstwerke auszeichnen und welche Message sie mit ihrer Kunst vermitteln möchte.
Hallo Aicha, was war deine Motivation dafür, dich als Künstlerin zu betätigen?
Schon als Kind habe ich alles, was mit Farben und Formen zutun hatte, geliebt. Ich konnte Stunden mit einem Bild verbringen und hatte schon damals das Gefühl, meine Emotionen besser über Bilder als über Worte mitteilen zu können.
Auch heute nutze ich Kunst in erster Linie als eine Art Selbsttherapie. Ich sehe meine Kunst als Brücke zwischen meinem inneren Gefühlsleben und der äußeren Welt. Wie ein Fenster, durch das ich herausgucken kann, durch welches ich aber auch Menschen die Möglichkeit gebe, in mein Inneres zu schauen.
Ich persönlich habe sehr lange unterschätzt, was für einen positiven Einfluss die Kunst auf meinen Geist hat. Je mehr ich mit meinem vorherigen Beruf und meinem belebten Alltag beschäftigt war, desto weniger konnte ich mich um meine Kunst – also um mich selbst – kümmern. Erst nachdem ich einen Gang zurückgeschaltet habe wurde mir bewusst, dass ich etwas ändern musste. Vor zwei Jahren habe ich dann endlich den Schritt gewagt, ein Kleinunternehmen zu gründen und mich komplett auf meine Kunst zu konzentrieren.
Wodurch zeichnen sich deine Kunstwerke aus?
In meiner Kunst wird der Dialog zwischen meiner europäischen und afrikanischen Herkunft visualisiert. Ich bin als mixed Person in Deutschland aufgewachsen, hatte aber schon immer auch einen engen Bezug zu meinen afrikanischen Wurzeln. Mittlerweile ist mir klar: Ich bin zu 100% deutsch sowie ich zu 100% beninisch bin.
Dies war allerdings ein langer Prozess, denn als schwarze Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft aufzuwachsen ist nicht leicht. Leider wird viel zu selten über Identitätsprobleme gesprochen und wenn doch, dann werden Erfahrungen oft heruntergespielt. Angefangen vom ungefragten Anfassen der Haare, bis hin zur Benutzung des N-Wortes vom Lehrpersonal des katholischen Gymnasiums – für Nicht-Betroffene Kleinigkeiten.
Aber von klein auf, jeden Tag mit Mikro-Aggressionen, salonfähigem Rassismus und einer generellen Fetischisierung der schwarzen Frau konfrontiert zu werden, macht viel mit einem. Und genau das möchte ich mit meiner Kunst ansprechen. Neben Rassismus und Sexismus, spiegelt meine Kunst auch meinen inneren Kampf mit psychischen Problemen und andere Tabus wie Suizid und Missbrauch wider.
Welche Message möchtest du mit deiner Kunst vermitteln?
Themen wie Rassismus, Misogynie und mentale Gesundheit werden in der Gesellschaft zu wenig thematisiert und sind leider noch immer ein Tabu. Auch in der Black Community werden psychische Problem oft unter den Teppich gekehrt. Besonders die transgenerationale Weitergabe von Traumata ist etwas was uns alle betrifft und worüber mehr aufgeklärt werden sollte.
Durch meine Kunst möchte ich einen Teil zur Enttabuisierung beitragen, indem ich aus schmerzhaften Erinnerungen etwas Schönes und Mächtiges kreiere und Menschen, die in ähnlichen Situationen sind zeige, dass sie nicht alleine sind. Mithilfe meiner Kunst konnte ich meinen eigenen Heilungsprozess starten und möchte andere Menschen motivieren, dies auch zu tun.
Meine Message ist, dass es Hoffnung gibt, auch wenn der Weg steinig ist. Das wir uns als schwarze Frauen mit all unseren Facetten zelebrieren sollten und uns die Repräsentation geben, die wir verdienen.
Um mehr über Aicha und ihre Kunstwerke zu erfahren besucht sie auch auf ihrer Internetseite www.aichasachaart.com und auf Instagram unter @aichasacha.art