Gastbeitrag von Sebastian Woller
In der Tat haben Unternehmen Probleme, People of Colour* einzustellen. Dieses Problem haben sie schon seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts, also seitdem Firmen wie Deichmann und Tchibo gegründet wurden.
Thomas R. Roosevelt, der oft als Father of Diversity bezeichnet wird, schrieb schon vor 30 Jahren über verschiedene Lösungsansätze zu diesem Thema. Seine Strategischen Management Ansätze halfen viele Führungskräfte, inmitten von Diversity Herausforderungen, hochwertige Entscheidungen zu treffen.
Unternehmen waren schon in den 1970er Jahren damit beschäftigt, Stipendienprogramme und Praktikumsprogramme für Minderheiten auszubauen. Damals wie heute druckten sie Kolumnen um zu zeigen, wie vielfältig ihre Belegschaft ist und veröffentlichten Geschichten über sie auf Titelseiten. Leider nur mit sehr wenig Erfolg, denn die eigentlichen Probleme, in Bezug auf Diversity, wurden damit natürlich nicht gelöst. Bis heute, besteht eine grundsätzliche Fehlinterpretation zum Thema Diversity und die Arbeit von Herrn Roosevelt. Aber bevor wir dazu kommen, möchte ich zunächst ein paar Punkte klären.
Grundsätzlich wird kein Stipendienprogramm etwas an der Diversity Problematik in Unternehmen ändern. Stipendien und Beförderungen aufgrund der Hautfarbe zu vergeben, ist wie ein Glasperlenspiel. Die Spielregeln werden in Unternehmen nur angedeutet – sie sind nach Ästhetik ausgeklügelt und Mitarbeitende können diese nicht ohne Weiteres verstehen. Zudem können Unternehmen nicht erwarten, dass sich Menschen, die diese Stipendien erhalten, den Großteil ihres Lebens einem einzigen Unternehmen verpflichten und widmen.
Ich denke es ist auch erwähnenswert, dass es ist nicht wirklich hilfreich ist, wenn Unternehmen Hilfen an Bildungseinrichtungen schicken, um mehr People of Colour* einzuschreiben. Keine Bildungseinrichtung, besonders nicht in Deutschland, leidet unter einem Mangel an Schülerinnen und Schülern oder Studierenden aus Minderheitsgruppen. Es gibt viele gesetzliche Initiativen, die Studierende bspw. bei der Bezahlung ihrer Studiengebühren unterstützen. Zumindest theoretisch kann jeder studieren, der es wirklich möchte. Außerdem ist es nicht wünschenswert, dass große Unternehmen zu viel Einfluss auf das Bildungssystem nehmen.
Um etwas klarzustellen: Ich sage nicht, dass Unternehmen Menschen und deren Ausbildung überhaupt nicht unterstützen sollten. Ich behaupte auch nicht, dass sie nicht mehr darauf achten sollten, eine vielfältige Belegschaft einzustellen. Was ich aber sage ist, dass Unternehmen dort helfen sollten, wo es wirklich wichtig ist. Dort wo wirklich ein Bedarf an Hilfe besteht. Unternehmen müssen den Menschen dort helfen, wo sie ohne unternehmerische Hilfe ihre Ausbildung und Karriere gar nicht starten oder fortsetzen können.
Das gilt insbesondere für Familien in prekären Lebensverhältnissen. Diejenigen, die sich keinen ruhigen Raum zum Lernen leisten können. Oder diejenigen, die nicht zur Uni gehen können, weil sie sich um ihre Geschwister oder um das Familiengeschäft kümmern müssen.
Was viele Unternehmen über Diversity missverstehen ist, dass es nur eine unternehmerische Verantwortung und Herausforderung ist. Dabei ist es in Wirklichkeit eine gesellschaftliche Verantwortung und Herausforderung. In Zukunft werden Unternehmen lernen müssen, wie sie gesellschaftliche Probleme in wirtschaftliche Chancen, gut bezahlte Arbeitsplätze und in Wohlstand verwandeln können. Das ist eines von vielen Dingen, die wir mit der AEF versuchen umzusetzen. Dabei ist es unser Ansatz , mehr als nur die Unternehmerin oder den Unternehmer zu sehen, sondern auch die Menschen und ihr Netzwerk. Dabei ist uns besonders wichtig, ihre individuellen Ziele und die ihrer Community im Auge zu behalten. Zudem arbeiten wir eng mit Afropean Media zusammen, um den Dialog innerhalb und außerhalb der Community weiter voranzutreiben und das Thema Vielfalt weiterzuentwickeln.
Über den Autor:
Sebastian Woller ist Mitgründer des auf Netzwerken und Investitionen spezialisierten “African-European-Fellowship” und Unternehmensberater. Zuvor war er in der Task Force der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020, bei der Unternehmensberatung Roland Berger, bei Daimler und beim Auswärtigen Amt tätig.
*People of Color ist eine Selbstbezeichnung für nicht-weiße Menschen