„Black Lives Matter” – auch wenn es um Schwarze Menschen in Afrika geht?

Vor knapp 6 Monaten, nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd, wurden weltweit Proteste gegen Polizeibrutalität und Rassismus organisiert. Diese Welle an globalen Protesten sucht in den vergangenen Jahren ihresgleichen. Initiatoren der „Black Lives Matter“ Proteste waren weltweit überwiegend junge Menschen.

Auch oder insbesondere in Afrika, wo die Bevölkerung fortlaufend mit Machtmissbrauch, sozialer Ungerechtigkeit und Vernachlässigung durch andauernde koloniale Strukturen zu kämpfen hat, rief die Black Lives Matter Bewegung eine Welle der Solidarität hervor. Für viele Menschen in diesen Ländern gehört Polizeibrutalität zum Alltag. In Städten wie Kampala (Uganda), Nairobi (Kenia) und Lagos (Nigeria) gingen daher viele junge Leute auf die Straßen. Das obwohl Demonstrationen dort üblicherweise von der politischen Elite gewaltsam beendet werden, oder zu Verhaftungen führen. Einige dieser Proteste führten damals auch zu Verhaftungen oder wurden unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Gesundheit – Stichwort COVID-19 – zerschlagen.

Über die Proteste hinaus, schlossen sich Gruppen auf dem Kontinent zusammen, um Druck auszuüben und die Untersuchung der Polizeibrutalität durch die amerikanischen Rechtsinstitutionen zu bewirken. Zudem wurden afrikanische Regierungen aufgefordert, den panafrikanischen Gedanken in die Praxis umzusetzen und Afroamerikanerinnen sowie Afroamerikanern die Staatsbürgerschaft anzubieten. Die Afrikanische Union meldete sich auch zu Wort und verurteilte den Mord an Georg Floyd. Einige Länder innerhalb der Afrikanischen Union drängten zudem den UN-Menschenrechtsrat das Thema Rassismus und Polizeibrutalität aufzugreifen.

Die globale Aufmerksamkeit wurde sowohl in den USA, Europa und auch in Afrika dafür genutzt, um die Verbindung zwischen Rassismus und der Kolonialzeit aufzuzeigen, und neue Diskussionen und Schritte zur Auflösung dieser Strukturen einzufordern.

Nur etwa 5 Monate später, protestierten inspiriert von der Welle im Sommer, tausende vor allem junge Menschen in Nigeria gegen die Polizeigewalt in ihrem Land. Unter dem #Endsars forderten sie die sofortige Einstellung der “Special anti-robbery squad” (SARS), der sie exzessive Polizeigewalt und erheblichen Machtmissbrauch vorwerfen. Initiiert wurden die Proteste durch ein im Internet veröffentlichtes Video, auf dem ein SARS-Polizist einen jungen Mann in Lagos (der größten Stadt in Nigeria), ohne sichtbaren Grund, mitten auf der Straße erschießt.

Auch die Proteste in Nigeria haben Wellen geschlagen. Aus Solidarität wurde in vielen europäischen und amerikanischen Städten gegen die Polizeibrutalität in Nigeria protestiert. Die Aufmerksamkeit auf die Missstände in Nigeria hat auch wieder das Interesse an Missständen in vielen anderen afrikanischen Ländern geweckt. Inspiriert durch die nigerianische Jugend machen auch junge Leute aus anderen afrikanischen Ländern z.B. Uganda, Guinea, Kongo und deren Diaspora, auf die andauernde Konflikte und Probleme in ihren Ländern aufmerksam.

Was dabei auffällt, ist jedoch eines, die weltweite Welle der Solidarität und Berichterstattung wie bei den Black Lives Matter Protesten bleibt aus. Auch einige Megastars aus dem afrikanischen Kontinent haben die mangelnde globale Unterstützung angeprangert. In Europa, und insbesondere in Deutschland sind zwar Nachrichten zu den Themen zu finden, eine Welle der Solidarität oder Unterstützung ist jedoch nicht zu sehen.

Die Afrikanische Union, welche bei den Black Lives Matter Demonstrationen proaktiv war, schwieg zunächst lieber zu den Ereignissen. Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union verurteilte dann schließlich doch die tödliche Gewalt des nigerianischen Militärs gegen friedliche Demonstranten. Diese Aussage kam für viele jedoch viel zu spät.

Bezogen auf die Proteste mag die mangelnde Resonanz bestimmt zum Teil an den steigenden Coronafällen liegen. Grundlegend liegt die mangelnde Aufruhr insbesondere in Europa wahrscheinlich eher an eben dem System, welches junge Afrikanerinnen und Afrikaner versuchen zu bekämpfen. Die Bevölkerung Afrikas wird historisch von der Welt und von der eigenen Regierung vernachlässigt. Die neue Generation auf dem Kontinent will dies jedoch nicht mehr hinnehmen. Auch die afrikanische Diaspora sollte ihre Stimmen und Mittel nutzen, um diese Aufbruchsstimmung zu unterstützen und die Veränderung zu bringen von denen Unabhängigkeitskämpfer wie Kwame Nkrumah und Patrice Lumumba gesprochen haben.

Die Black Lives Matter Bewegung hat gezeigt, was möglich ist. Es ist und bleibt jedoch wichtig, diesen Einsatz nicht nur zu zeigen, wenn es um einen globalen Trend oder Hastag geht, der von den USA ausgeht. Sondern es ist die Verantwortung jedes Einzelnen sich den Herausforderungen Afrikas bewusst zu sein und aktiv an einer Problemlösung zu arbeiten. Dies kann sich in den unterschiedlichsten Formen zeigen. Wichtig sind aber vor allem Kenntnisse und Informationen über die Geschehnisse und deren Hintergründe. Sowohl die Polizeibrutalität in Nigeria & Uganda, die Konflikte im Kongo, die Krise im Westen Kameruns, die Probleme in Guinea, um nur einige zu nennen, sind keine neuen Themen. Vielmehr sind dies jahrzehntelange Kämpfe, die die Menschen vor Ort ausgetragen haben, oft fern von jeglicher Sichtbarkeit. Lasst uns diesen Menschen endlich langfristig eine Plattform bieten.

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